Alleine gelassen, diskriminiert
Ausländische Piloten machen Turkish Airlines schwere Vorwürfe
Turkish Airlines schickt alle ausländischen Piloten in den unbezahlten Urlaub. Diese klagen, dass sie bereits vorher massiv diskriminiert wurden.
Turkish-Airlines-Jet: Kaum noch ausländische Crews an Bord.
Turkish-Airlines-Jet: Kaum noch ausländische Crews an Bord.
Seit Sonntag (1. November) erhalten rund 350 Piloten von Turkish Airlines keinen Lohn mehr. Zudem wurden alle «sozialen und personellen Rechte sistiert». Denn die Mitarbeiter sind unfreiwillig auf unbezahlten Urlaub gesetzt worden. So teilte es die Fluggesellschaft in einem Schreiben mit.
Offenbar richtete sich dieses Schreiben ausschließlich an ausländische Piloten. Für sie heißt es nun laut türkischem Arbeitsrecht: Kein Lohn, keine Rechte – und keine Möglichkeit, selbst zu kündigen. In sechs Monaten will Turkish Airlines sich die Situation noch einmal ansehen und dann entscheiden, wie man weitermacht.
Keine Vorgesetzten erreichbar
Die betroffenen Angestellten sind schockiert. Mehrere Piloten von Turkish Airlines berichten aeroTELEGRAPH, dass sie sich bereits seit Monaten diskriminiert fühlten. Schon zum Start der Corona-Krise zwischen April und Juli seien keine Ausländer eingesetzt worden. Bei Nachfragen seien die verantwortlichen Mitarbeiter nicht erreichbar gewesen.
«Es ist seit April kein leitender Mitarbeiter mehr im Büro ansprechbar», berichtet ein Pilot, der anonym bleiben will. Alle seien im Homeoffice und Konversation werde nur per Email geführt. «Diese werden nicht beantwortet, sobald sie sehen, dass du ein Ausländer bist.»
Druck von den Gewerkschaften
Im September dann zeichnete sich wieder eine geringere Nachfrage ab – und die Diskriminierung sei weiter gegangen. Laut dem Bericht eines Piloten seien ausländische Piloten nur halb so viel eingeteilt worden wie die türkischstämmigen Angestellten.
«Bei einigen Ausländern wurde vorsätzlich seit August 2020 die Vorfeldberechtigungskarte nicht erneuert», berichtet er weiter. Das alles, so berichten Piloten, sei auf Druck der türkischen Gewerkschaft geschehen. Diese hatte gefordert, dass Turkish Airlines sich von den ausländischen Piloten trennt.
Hinhaltetaktik von Turkish Airlines?
Doch diese zu feuern, könnte teuer werden. Denn je nach Dienstalter würden Abfindungen fällig. Die Piloten prangern daher an, dass Turkish Airlines sie hinhalte. «Sollte sich die Lage bessern, kann man auf Mitarbeiter zurückgreifen, die gut ausgebildet sind und für 50 Prozent weniger Gehalt arbeiten», berichtet eine Angestellte.
Die Mitarbeiter von Turkish hatten im September Lohneinbußen von rund 50 Prozent in Kauf genommen. Und sonst hoffe man eben, dass die verbleibenden Mitarbeiter lieber kündigen, als noch einmal unbezahlten Urlaub hinzunehmen. Turkish Airlines hat auf eine Anfrage von aeroTELEGRAPH wiederholt nicht reagiert.