Letzte Aktualisierung: um 17:33 Uhr

In der D-ABUK von Havanna nach Frankfurt

An Bord des letzten Boeing-767-Fluges von Condor

Es ist das Ende einer Ära: Ein letztes Mal ist eine Boeing 767 von Condor mit Fluggästen abgehoben. Ein Bericht vom Abschiedsflug der D-ABUK von Havanna nach Frankfurt.

Die D-ABUK rast durch die Nacht über den Atlantik. Die Boeing 767-300 ER, sonst ein eher langsames Modell im Vergleich zu anderen Langstreckenjets, erreicht dank Rückenwind gerade eine Geschwindigkeit von 1055 Kilometern pro Stunde. Kapitän Thomas Friedrich steuert die Maschine und sagt: «Es schon ein sehr trauriger Flug heute. Denn wenn wir das Flugzeug nachher in Frankfurt abstellen, werden wir nie mehr eine Boeing 767 fliegen.»

Die 25 Jahre alte D-ABUK bestreitet vom 11. auf den 12. März den allerletzten Boeing-767-Passagierflug von Condor. Unter der Flugnummer DE2185 geht es von Havanna auf Kuba nach Frankfurt. Von den drei Piloten und sieben Flugbegleiterinnen an Bord erinnert sich jeder noch an den ersten eigenen 767-Einsatz und kann Geschichten dazu erzählen.

Ich kam 1993 zum ersten Mal auf die 767

«Mein erster 767-Flug ging vor etwas mehr als zehn Jahren nach Mombasa», erzählt Kapitän Thomas Friedrich, heute 39 Jahre alt. «Da habe ich die Sonne ziemlich unterschätzt und mir den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens geholt.» Es war sein erster Einsatz als Pilot auf der Langstrecke. «Die 767 hat mir die Chance eröffnet, die Welt zu sehen», sagte er.

Zehn Jahre 767-Erfahrung sind nicht wenig, dennoch ist Friedrich im Vergleich zu den Flugbegleiterinnen des Abschiedsfluges ein Neuling. In der vorderen Bordküche steht Kabinenchefin Karin Hohl, die gerade in der Business Class den ersten Service beendet hat. «Ich kam 1993 zum ersten Mal auf die 767», erzählt die 57-Jährige. Damit ist sie fast von Anfang an dabei, denn Condor erhielt ihre ersten Boeing 767 im Sommer 1991.

Viel Platz zum Arbeiten, weniger zum Ausruhen

«Mein erster 767-Flug ging auf die Malediven, wo ich von einem Fisch gebissen wurde», sagt die Österreicherin, die die Kabinencrew leitet. «Aber mein schönster Flug war der, auf dem ich meinen Mann kennengelernt habe, der damals Kopilot auf der 767 war.» Auch heute ist Hohls Mann noch Condor-Pilot. Ihre Tochter arbeitet inzwischen als Flugbegleiterin für die Airline.

In der hinteren Bordküche arbeitet Marilisa Mösbauer, die 1999 ihren ersten Boeing-767-Einsatz absolvierte. «Ich bin mit dem Flieger groß geworden und habe damit fliegen gelernt», sagt sie. «Ich liebe die großen Küchen, in denen man viel Platz hat und gut arbeiten kann.» Doch es gibt auch Dinge, die sie an der 767 nicht vermissen wird. Etwa, dass die Crewmitglieder sich nur auf Sitzen ausruhen können, umgeben von einem Vorhang – vier in der Economy für die Kabinencrew, zwei in der Business Class für die Cockpitcrew.

Man muss sie etwas mehr pflegen, aber dann schnurrt sie bis zum Abend

Condors Nachfolger für die Boeing 767, der Airbus A330 Neo, hat einen Ruhebereich mit flachen Betten für die Crew im Bauch des Fliegers. «Gerade auf sehr langen Flügen, etwa 12 Stunden und 15 Minuten nach Cancun, tut es schon gut, wenn man mal zwei Stunden liegen kann», sagt Mösbauer, die wie ihre Kolleginnen auch schon A330 Neo fliegt.

Kabinenchefin Hohl freut sich für ihr Team, ihr persönlich ist der Ruhebereich aber weniger wichtig. «Früher, als wir noch keine Ruhemöglichkeiten und Pausenregelungen hatten, haben wir in der Küche zusammengesessen, wenn es nichts zu tun gab – das sorgte für einen schönen Zusammenhalt», erzählt die Frau, die mit wenig Ruhe auskommt. Dafür freut sie sich auf etwas anderes: «Der neue A330 hat Kühlmöglichkeiten für die Trolleys.» In den alten Boeing 767 sei es kaum möglich, den ganzen Flug über kalte Getränke zu bieten.

Purserin Karin Hohl. Bild: aeroTELEGRAPH

Hohl mochte auch die Verlässlichkeit der 767. «Sie ist ein bisschen wie eine ältere Dame – man muss sie etwas mehr pflegen, aber dann schnurrt sie bis zum Abend.» Das sieht im Cockpit auch Kopilot Christian Schwall so. Der 29-Jährige, der zuvor für eine andere Airline Boeing 737 flog, sagt: «Man weiß zu jeder Zeit, was die 767 macht, es gibt keine Tricks, das Flugzeug ist sehr verlässlich – das finde ich super.»

Auch Kapitän Friedrich findet, dass die 767 «ein ehrliches und direktes Flugzeug und super zuverlässig» ist. In seinen mehr als zehn Jahren auf der Boeing 767 habe er nur ganz wenige Male erlebt, dass die Maschine nicht abheben konnte, sagt der Pilot. «Wenn es ein Problem gab, konnte es fast immer mit relativ wenig Arbeit schnell repariert werden.»

Die 767 fliegt sich wie ein Sportwagen

Allerdings sei es «auch nicht ganz ohne», die Boeing 767 zu fliegen. «Es ist ein Flugzeug mit relativ viel Masse und man kann schnell etwas kaputt machen, wenn man nicht aufpasst», erklärt Friedrich. So müsse man beachten, dass die 767 ganz anders lande als die 757. «Man muss bis zum Ende Schub drinlassen, sonst wird die Landung sehr hart», erklärt er. «Bei der 757 nimmst du schon viel früher das Gas raus.»

Andere Aspekte seien einfacher bei der Boeing 767. «Man kann sie mit zwei Fingern steuern, während man bei der 757 mehr Kraft aufwenden muss», sagt der Kapitän. «Die 767 fliegt sich wie ein Sportwagen.»

Prognose zeigt extreme Turbulenzen an – aber ist veraltet

Dennoch ist die Technik des Modells, das 1982 von Boeing zum ersten Mal ausgeliefert wurde, in die Jahre gekommen. «Die Ergonomie für den Piloten ist mittlerweile natürlich verbesserungswürdig», sagt Friedrich. Neben ihm hat der zweite Kapitän von Condors letztem 767-Flug Platz genommen, als sich die D-ABUK auf Irland zubewegt. Matthias Minge schaut sich auf einem Tablet die Turbulenzen-Vorhersage für die restliche Strecke an.

Die Kapitäne Thomas Friedrich (l.) und Matthias Minge im Cockpit. Bild: aeroTELEGRAPH

Über Belgien zeigt die Prognose «Extreme Turbulence» an – das stärkste mögliche Level von Turbulenzen. «Allerdings ist die Vorhersage, die wir hier haben, vor unserem Abflug in Havanna entstanden», erklärt der 36-Jährige. «Denn die Boeing 767 hat im Gegensatz zum Airbus A330 Neo kein Internet, mit dem wir die Prognose aktualisieren könnten.» Die Cockpitcrew sinkt auf eine Flughöhe, auf der Turbulenzen auf einem niedrigeren Level vorhergesagt sind. Am Ende verläuft der Flug über Belgien sogar ganz ohne Ruckeln.

Das ist unser Baby, mit dem wir aufgewachsen sind.

Auch die letzte Landung einer Boeing 767 von Condor mit Fluggästen verläuft in Frankfurt ruhig. Drei Fahrzeuge nehmen die D-ABUK dann als sogenanntes Follow-me-Geleit in Empfang. Doch ein letzter Höhepunkt für Crew und Fluggesellschaft entfällt: der geplante Wassersalut der Feuerwehr zum Abschied. Flughafenbetreiber Fraport erklärt später, die Flughafenfeuerwehr habe aufgrund von Reparaturen nicht genügend Fahrzeuge gehabt. Dennoch filmen viele Angestellte des Bodenpersonals die letzte 767-Ankunft.

«Condor sagt tschüss, byb bye und farewell zu diesem Flugzeug», sagt Kabinenchefin Hohl in ihrer letzten Ansage an die Fluggäste. Abseits des Mikrofons erklärt sie: «Natürlich schmerzt es ein Stück weit – das ist unser Baby, mit dem wir aufgewachsen sind.» Als alle Reisenden von Bord sind, verlässt zuerst die Kabinenbesatzung und dann die Cockpitcrew die D-ABUK ein allerletztes Mal. «Das ist das Ende einer Ära», sagt Kapitän Friedrich.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Fotos sowie ein Video vom letzten Boeing-767-Flug von Condor. Ein Klick aufs Bild öffnet die Galerie im Großformat.