Air-France-Unfall 1993
Als ein Jumbo-Jet in der Lagune landete
Eigentlich waren am 12. September 1993 alle Bedingungen gegeben für eine ruhige Landung in Französisch-Polynesien. Doch im Cockpit einer Boeing 747 lief etwas schief.
Jumbo-Jet mit der Nase im Wasser: Später hob die 747 wieder ab.
Jumbo-Jet mit der Nase im Wasser: Später hob die 747 wieder ab.
3415 Meter lang ist die Start- und Landebahn des Flughafens Tahiti-Faaa, kurz danach beginnt mit einer Lagune der Südpazifik. Und damit macht im Jahr 1993 eine Boeing 747-400 von Air France feuchte Bekanntschaft. Die Maschine mit der Kennung F-GITA steuert am Abend des 12. September als Flug AF072 auf den Airport in Französisch-Polynesien zu. Gestartet war sie in Paris und hatte einen planmäßigen Stopp in Los Angeles eingelegt.
Der Flug verläuft ereignislos, Wetter und Sicht sind gut an diesem Abend, die Piste ist trocken, es weht nur ein leichter Wind. Doch dann geht etwas schief. Eigentlich sollte der Kopilot, der die 747 steuert, kurz vor der Landung ohne Autopilot und ohne automatische Schubkontrolle fliegen. Er deaktiviert jedoch nur den Autopiloten. Dadurch geht das automatische Flugsystem an einem gewissen Punkt in einen Durchstarte-Modus.
Bremsen und Landeklappen nicht aktiviert
Der Bericht der französischen Untersuchungsbehörde BEA wird später festhalten, dass Boeing die Betreiber nicht über diese Systemfunktion informiert hatte – sie ist den Piloten unbekannt. So fahren die Triebwerke die Leistung wieder hoch und als das Flugzeug noch 300 Fuß oder rund 91 Meter vom Boden entfernt ist, fliegt es 55 Kilometer schneller als es sollte. Die Schubhelhebel stehen in neutraler Position. Bei 200 Fuß sagt der Pilot zum steuernden Kopiloten: «Ok, ausstöpseln» und meint damit wahrscheinlich die automatische Schubkontrolle. Doch der Kopilot reagiert nicht.
Zwei Sekunden, bevor der Jet aufsetzt, geht der linke Schubhebel nach vorne und das äußere linke Triebwerk liefert kräftig Schub. Dadurch wird das automatische Bremsen nicht aktiviert. Am Boden schaltet der Kopilot die Triebwerke 2, 3 und 4 auf Schubumkehr, dann nur noch 2 und 3. Motor 1 liefert aber Schub. Das Flugzeug kommt bei etwa 3150 Metern rechts von Piste ab und rutscht mit der Nase in die Lagune.
Verletzungen durch Korallen und Seeigel
Die Triebwerke 2, 3 und 4 fallen durch die Erschütterung sowie das Eindringen von Wasser und Korallenteilen aus, Triebwerk 1 schalten die Piloten in den Leerlauf, können es aber nicht ganz abschalten. Das gelingt dann der Flughafenfeuerwehr, indem sie Wasser ins Triebwerk spritzt. Rund zehn Minuten nachdem der Flieger zum Stehen kommt, beginnen die 252 Passagiere und 16 Crewmitglieder die Boeing 747 zu verlassen. Vier Fluggäste sind verletzt, einige weitere ziehen sich leichte Fußverletzungen durch Korallen und Seeigel zu.
Der Flughafen bleibt nach dem Unfall für zwei Wochen für internationale Flüge geschlossen. Die Boeing wird aus dem Wasser geborgen, repariert und bleibt bis zum Jahr 2010 im Dienst. Die Untersuchungsbehörde macht in ihrem Bericht unter anderem die schlechte Kommunikation zwischen den Piloten für das Unglück verantwortlich.