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British-Airways-Vorgänger Boac

Als Churchill eine Boeing 314 pilotierte

Eigentlich sollte Winston Churchill 1942 mit dem Schiff den Atlantik überqueren. Doch der britische Premier entschied sich für ein Flugboot - fast mit fatalem Ausgang.

Am 31. März 1974 entstand British Airways. Damals wurden die beiden großen staatlichen Fluggesellschaften British Overseas Airways Corporation Boac und British European Airways BEA sowie die Regionalfluglinien Cambrian Airways und Northeast Airlines zusammengelegt. Dennoch feiert Großbritanniens größte Airline im Jahr 2019 ihr hundertjähriges Jubiläum.

Wie geht dieses Rechnung auf? Ganz einfach, British Airways verleibte sich über etliche Fusionen und Übernahmen die Geschichte ihrer Vorgängerfluglinien ein bis hin zum 25. August 1919. Damals startete AT&T Aircraft Transport and Travel zum ersten internationalen Linienflug der Welt. Vom Osten Londons ging es nach Paris Le Bourget.

Flug nach Bermuda macht Eindruck

In ihrem Online-Rückblick auf hundert Jahre erwähnt British Airways 1974 nur am Rande. Im dazugehörigen Zeitstrahl taucht das Jahr gar nicht auf. Dafür kann sich die Fluggesellschaft auf ein reiches Erbe beziehen. So ehrte sie ihre Vorgänger schon mit Retro-Bemalungen auf vier Flugzeugen. Und auch eine Erinnerung an einen der bedeutendsten Briten aller Zeiten wird so für British Airways möglich: Winston Churchill.

Neben einem Foto des Zigarre rauchenden Staatsmannes hinter dem Steuer eines Flugzeuges ist im British-Airways-Rückblick zu lesen: «1942: Mr. Winston Churchill machte am 16./17. Januar den ersten Transatlantikflug eines britischen Premierministers in einem Boeing-314-Flugboot G-AGCA von Boac.»  Churchill war damals britischer Premierminister und führte sein Land im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler-Deutschland.

Churchill übernimmt das Steuer

Die Vereinigten Staaten waren im Dezember 1941 nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor mit der Kriegserklärung an Japan in den Krieg eingetreten. So reiste Churchill in die USA zu Beratungen mit Präsident Franklin D. Roosevelt. Auf dem Rückweg flog der Premier mit einem Boeing-314-Flugboot mit dem Taufnamen Berwick von Boac zuerst von Virgina nach Bermuda. Sowohl Berwick-Kapitän Kelly Rogers als auch Churchill schrieben später ihre Erinnerungen an die Reise nieder.

Als die Boeing 314 eine Reiseflughöhe von rund 8000 Fuß (2440 Meter) erreicht hatte, wollte sich Churchill das Cockpit anschauen. Kapitän Rogers bot dem Premierminister seinen Sitz an. Als Churchills Zigarre ausging, fragte er den Kapitän, ob er sie mit einem Streichholz neu entzünden dürfte. Er durfte. «Seine Fragen über die Steuerung und das generelle Verhalten des Flugzeuges machten ziemlich deutlich, dass er es gerne selber steuern würde», erinnerte sich Rogers. Für rund 20 Minuten übernahm Churchill das Steuer, neben sich den Kopiloten, der im Notfall eingreifen sollte.

Genug Treibstoff?

In Bermuda angekommen, sollte der Politiker eigentlich mit einem Kriegsschiff weiter nach Plymouth reisen. Doch Churchill hatte Gefallen am Flug in der Boeing 314 gefunden. Er fragte den Kapitän: «Wie sieht es mit damit aus, von Bermuda nach England zu fliegen? Kann sie genug Treibstoff aufnehmen?» Rogers bejahte und nachdem der Premier seine Berater überzeugt hatte, startete die Berwick am nächsten Tag zum rund 18-stündigen Flug.

Die Reise in dem luxuriös gebauten Flieger lief lange Zeit ereignislos. Churchill war in der Suite mit einem breiten Bett untergebracht und notierte später, dass die sanften Bewegungen des Flugzeugs beim Essen im Speiseraum nicht störten. Doch am Ende wurde der Flug höchst dramatisch. Churchill notierte, dass die Berwick bei Nebel und schlechter Sicht den Kurs auf Südengland verfehlte und auf Brest in der Bretagne zusteuerte. Die französische Stadt war jedoch von den Deutschen besetzt und schwer befestigt.

Fast über deutschen Flakbatterien

«Wenn wir unseren Kurs noch fünf oder sechs Minuten gehalten hätten, bevor wir nach Norden abdrehten, wären wir über den deutschen Flakbatterien in Brest gewesen», habe er später erfahren, so Churchill. Durch den Navigationsfehler habe man Plymouth zudem aus der Richtung angesteuert, aus der die Engländer feindliche Flieger erwarteten. So wurden bereits sechs Hawker-Hurricane-Jagdflugzeug ausgesandt gegen den vermeintlichen Feind. Am Ende landete die Berwick dennoch sicher in Plymouth.

Die 314 hatte Boeing auf Wunsch von Pan American Airlines entwickelt, die mit einem Flugboot über den Atlantik fliegen wollte. Sie erhielt den Spitznamen Clipper in Anlehnung an die großen Segelschiffe dieses Namens. Sie hatte die Flügel des Boeing-XB-15-Bombers. Vier Triebwerke brachten sie bis zu 5600 Kilometer weit. Am 28. Juni 1939 überquerte die Boeing 314 erstmals den Atlantik. Die Maschine hatte 74 Sitze, die sich zu 40 Schlafkojen umbauen ließen. Vier-Sterne-Hotels lieferten das Essen.

Nur zwölf Boeing 314 gebaut

All das konnten zahlungskräftige Passagiere allerdings nicht lange genießen. Denn im Zweiten Weltkrieg wurden die Flieger in den Dienst des Militärs gestellt und für den Transport von Material und Personen genutzt 1941 gingen drei Exemplare an die staatliche britische BOAC. Insgesamt baute Boeing zwischen 1938 und 1941 zwölf Exemplare der 314.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Aufnahmen der Boeing 314.