Notfallausrüstung und mehr
Aeroflots Kabinencrews dürfen Mängel nicht mehr dokumentieren
Die russische Airline will verhindern, dass ihre Jets aufgrund von Defekten in der Kabine am Boden bleiben müssen. Für das Aeroflot-Personal gibt es eine entsprechende Anweisung.
Airbus A350 von Aeroflot vor der Auslieferung: Da war noch alles in Ordnung.
Airbus A350 von Aeroflot vor der Auslieferung: Da war noch alles in Ordnung.
In der Kabine fehlt etwas oder ist kaputt – dann schrieben die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiterin von Aeroflot dies stets in eine offizielle Mängelliste. Auf dieser Grundlage sorgten die technischen Teams dann möglichst schnell für Ersatz oder Reparaturen.
Doch aufgrund von Russlands Angriff auf die Ukraine und die folgenden westlichen Sanktionen ist die russische Luftfahrtindustrie von der Ersatzteilversorgung aus dem Westen abgeschnitten. Und so schickte Aeroflot schon im März 2022 ein Schreiben an leitende Mitglieder ihrer Kabinencrews, wie nun das russische Rechercheportal Proekt aufdeckt.
Flug ohne genügend Sauerstoff
In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt und dessen Echtheit drei ehemalige Aeroflot-Mitarbeitende bestätigten, weist die Airline ihre Kabinencrews an, Mängel nicht mehr direkt zu dokumentieren. Sie sollen das Problem mündlich der Cockpitcrew melden und es nur nach Absprache mit ihr protokollieren. Und das geschieht offenbar oft nicht.
So erzählte ein Flugbegleiter gegenüber dem Portal, dass er im vergangenen Jahr auf einem Flug von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Moskau an Bord eines Jets arbeitete, in dem etwas Wichtiges fehlte: Es waren nicht genügend Sauerstoffvorrichtungen vorhanden für den Fall eines Druckabfalls oder eines medizinischen Notfalls. Grund war, dass der Kapitän dies nicht offiziell melden und Verzögerungen in Kauf nehmen wollte.
«Wir haben das Ersatzteil eh nicht da»
Erst in Moskau habe man das Problem dann gemeldet, so der Flugbegleiter. «Früher wurde man wegen fehlender Notfallausrüstung sofort entlassen», sagte ein anderer Informant gegenüber Proekt. Heute ist das offenbar nicht mehr so.
Ein Flugbegleiter erzählt, er habe Mängel, die er schriftlich nicht dokumentieren sollte, oft mündlich an das technische Personal der Fluggesellschaft weitergegeben. Die Antwort sei oft gewesen: «Das ist ok. Wir haben das Ersatzteil eh nicht da.» Solange das Ganze nicht schriftlich offiziell festgehalten ist, kann das Flugzeug weiterhin abheben. Ähnlich soll die Lage laut den Recherchen von Proekt auch bei anderen russischen Airlines sein.