Letzte Aktualisierung: um 17:36 Uhr

Unterstützung

Emirates lehrt 30.000 Mitarbeitende, was Passagiere mit Autismus brauchen

Bei der Unterstützung von Menschen mit unsichtbaren Behinderungen will die Golfairline neue Maßstäbe setzen. Dafür schult Emirates über 30.000 Mitarbeitende und will Abläufe für betroffene Passagiere verbessern.

Es geht nicht um winzige Gruppen. Im Gegenteil. In Deutschland gibt es gemäß Schätzungen von Fördervereinen beispielsweise etwa eine halbe Million Autistinnen und Autisten. Die Störung der neuronalen Entwicklung zählt zu den seelischen Beeinträchtigungen und wird oft als unsichtbare Behinderung bezeichnet. Denn den Betroffenen sieht man sie nicht an. Und das wird für die oft zum Problem.

Beim Reisen stellen insbesondere Dinge wie Menschenmengen, Lärm, Zeitdruck oder unvorhersehbare Abläufe für viele Autistinnen und Autisten eine große Herausforderung dar. Während es für Menschen mit körperlichen Behinderungen inzwischen funktionierende Unterstützungsmaßnahmen wie etwa Mobilitätshilfen gibt, warten Menschen mit einer unsichtbaren Behinderung wie Autismus oft vergebens auf Unterstützung. Hier fehlt es neben Aufklärung an einheitlichen und verlässlichen Hilfen.

Probleme halten Autistinnen und Autisten vom Reisen ab

Und das hat Folgen. Einer Umfrage des International Board of Credentialing and Continuing Education Standards – kurz IBCCES – zufolge sagen 94 Prozent der Betroffenen, dass sie mehr reisen würden, wenn die Unternehmen und Abläufe besser auf Autisten ausgelegt wären. Das erkennen immer mehr Airlines und Flughäfen und bieten den Autistinnen und Autisten zumindest gewisse Unterstützungen an.

Emirates setzt dabei auf Schulungen des Personals. Die Fluggesellschaft will als erste der Welt 2025 eine Zertifizierung als besonders Autisten-freundliches Unternehmen erhalten. Auf dem Weg dahin schult sie über 30.000 Mitarbeitende, wie sie am besten mit Menschen mit Autismus und anderen unsichtbaren Behinderungen umgehen. Sie arbeitet dabei mit dem IBCCES zusammen.

Emirates will Vorreiterin werden

Eine der Anforderungen für die Zertifizierung sei es, dass mindestens 80 Prozent der Mitarbeitenden mit Passagierkontakt die Schulungen absolviert haben, so Emirates. Dazu gehören unter anderem alle Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter, sowie große Teile des Bodenpersonals. Bereits im laufenden Jahr will die Fluggesellschaft zudem zahlreiche Verbesserungen in den Abläufen für Menschen mit Autismus schaffen. Diese habe sie gemeinsam mit Fachleuten, Mitarbeitenden und Betroffenen erarbeitet. Wie diese Neuerungen konkret aussehen sollen, sagt sie jedoch nicht.

Seit 2022 durchlaufen die Mitarbeitenden von Emirates einen Grundkurs über unsichtbare Behinderungen. Mit der Ankündigung, Abläufe zu verbessern und zertifizierte Schulungen rund um das Thema Autismus flächendeckend einzuführen, geht die Golfairline nun noch einen Schritt weiter. Damit will sie zur Vorreiterin bei der Unterstützung von Menschen mit derartigen Beeinträchtigungen werden.

Lufthansa sieht «keinen Mehrwert»

Um diese unsichtbaren Behinderungen sichtbarer zu machen, wurde 2016 zunächst in England das Sunflower Lanyard geschaffen. Das ist ein grünes Schlüsselband mit Blumen drauf, welches auf eine ansonsten nicht sichtbare Behinderung aufmerksam machen soll. Dies hilft vor allem Mitarbeitenden zu erkennen, ob Reisende möglicherweise zusätzliche Unterstützung benötigen. Auch Emirates und der Flughafen Dubai haben das Sunflower Lanyard eingeführt.

Grundlegende, aber freiwillige Maßnahmen wie das Sunflower Lanyard sind inzwischen weltweit verbreitet an Flughäfen und bei Fluggesellschaften. Sogar Billigflieger wie Ryanair und Easyjet gehören dazu. Doch Deutschland und die Schweiz hinken noch hinterher. So ist Lufthansa nun die größte europäische Fluggesellschaft ohne derartige Hilfen. Vergangenes Jahr erklärte sie gegenüber aeroTELEGRAPH, dass man für die eigenen Gäste «keinen Mehrwert» darin sehe.

Viele Flughäfen und Airlines setzen auf Sonnenblumen-Schlüsselband

Bei der Schwester Austrian Airlines sieht man das offenbar anders. Sie führte 2023 gemeinsam mit dem Flughafen Wien das Sunflower Lanyard ein. Unter den 20 größten europäischen Drehkreuzen haben bereits 15 das Sunflower Lanyard oder ein ähnliches System zur Unterstützung eingeführt. Nicht dabei sind bislang Frankfurt, München, Zürich, Rom und Lissabon.