Wieso der Airbus A330 Neo für Brussels Airlines zu laut ist

Die Langstreckenflotte von Brussels Airlines besteht ausschließlich aus Airbus A330-300. Gerade erst hat die Lufthansa-Tochter die Einflottung weiterer Exemplare angekündigt. Da scheint es eigentlich folgerichtig, dass die Fluglinie eines Tages auf den A330 Neo umsteigt.

Doch im April 2024 sagte Brussels-Airlines-Chefin Dorothea von Boxberg im Interview mit aeroTELEGRAPH: «Der Airbus A330 Neo scheint aktuell keine Option mehr zu sein.» Grund seien kommende Lärmbeschränkungen im Zuge der neuen Umweltgenehmigung von Brussels’ Heimatflughafen Brüssel-Zaventem. «Beim Start der Flugzeuge ist es kein Problem, aber bei der Landung ist der A330 Neo offenbar zu laut», so von Boxberg.

Lärm am Flughafen Brüssel muss sinken

Mitte Mai gab die flämische Regierung die neue Umweltgenehmigung offiziell bekannt. Umweltministerin Zuhal Demir erklärte, damit wolle man «ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Lebensqualität der umliegenden Vororte herstellen». Das soll vor allem auch durch eine deutliche Reduzierung der Lärmbelastung gelingen, besonders nachts, die man Schritt für Schritt bis zum Jahr 2032 erreichen will.

Warum gerade der A330 Neo dabei ein Problem hat, lässt sich nicht genau nachvollziehen, da das Dokument nicht einsehbar ist. «Die Umweltgenehmigung der flämischen Regierung ist nicht öffentlich zugänglich», bestätigt der Flughafen Brüssel auf Anfrage.

Airbus schlägt angepasste Anflugverfahren vor

Dagegen äußert sich der Hersteller. «Airbus hat angepasste Anflugverfahren für den A330 Neo vorgeschlagen, um den Lärm bei der Landung für Nachtflüge zu reduzieren, um die vorgeschlagene Umweltgenehmigung einzuhalten», erklärt ein Sprecher des Konzerns. Dazu sei vorgesehen: reduzierter Klappenausschlag (reduced Flaps Deflection), reduziertes Landegewicht (reduced Landing Weight) und ein erhöhter Gleitpfad (increased Glide Slope).

Doch Lärmklassifizierung ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Und so verweist Airbus ebenfalls darauf, dass die Umweltgenehmigung des Flughafens aktuell nur auf eine Säule zur Lärmreduzierung abziele, obwohl die die Internationale Zivilluftfahrtorganisation Icao einen ausgewogenen Ansatz mit vier Säulen empfiehlt.

Viel weniger Lärm beim Start, dafür etwas mehr bei Landung

Der sogenannte Balanced Approach der Icao sieht als vier Säulen vor: Lärmminderung an der Quelle, also am Flugzeug; Flächen-Nutzungsplanung am Boden, gerade bei der Standortwahl neuer Flughäfen; Betriebsbeschränkungen, beispielsweise in der Nacht; und Betriebsverfahren zur Lärmminderung, etwa lärmmindernde An- und Abflugverfahren.

Flughafen Brüssel: Hat eine neue Umweltgenehmigung. Bild: Brussels Airport

In diesem Sinne erklärt der Airbus-Sprecher in Sachen A330 Neo ebenfalls: «Airbus arbeitet mit dem Brüsseler Flughafen an der Anerkennung eines ausgewogenen Ansatzes, bei dem eine erhebliche Verringerung des Startlärms gegen eine geringfügige Erhöhung des Anfluglärms aufgerechnet wird». Doch wie sehen die aktuellen Zahlen dazu aus?

A330 Neo beim Anflug lauter als Brussels A330-300

Für den A330-900, der größeren und deutlich weiter verbreiteten Version des A330 Neo, führt die «Icao Noise Data Base» acht verschiedenen Varianten für die Lärmklassifizierung auf. Sie bringen es beim Anflug (Approach) auf Lautstärken (gemessen in Effective perceived noise in decibels EPNdB) zwischen 97,6 und 98,4 EPNdB. Die kleinere Neo-Version A330-800 gibt es in der Datenbank vier Varianten, die zwischen 97,8 und 98,4 liegen.

Die aktuelle Airbus-A330-Flotte von Brussels Airlines besteht aus A330-342 und A330-343, die es jeweils in vielen Varianten gibt. Beim A330-342 liegen die Lärmwerte beim Anflug zwischen 96,7 und 97,0, beim A330-343 zwischen 96,7 und 97,1. Damit ist sogar der lauteste dieser Airbus A330 Ceos beim Anflug etwas leiser als der leiseste A330 Neo.

Beim Start andersherum – mit größerem Abstand

Dafür sind die Neos beim Start (Lateral/Full-Power) viel leiser: Der A330-900 liegt zwischen 91,6 und 92,9 EPNdB und der A330-800 zwischen 91,7 und 92,7. Derweil erreicht der A330-342 die viel höheren Werte von 97,4 bis 98,2 und der A330-343 kommt auf 96,7 bis 98,2.

Eine andere Flugzeug-Option für Brussels Airlines ist übrigens der Airbus A350. «Auf größere Langstreckenflugzeuge zu wechseln, macht grundsätzlich auch Sinn für uns. Denn Afrika ist ein großer Wachstumsmarkt», sagte Airline-Chefin von Boxberg im April. Der A350-900 ist leiser als alle A330, egal ob Ceo oder Neo. Beim Anflug liegen die zehn A350-900-Varianten zwischen 96,4 und 96,5 EPNdB, beim Start zwischen 89,9 und 92,3.