Letzte Aktualisierung: um 21:49 Uhr

Lufthansa-Tochter Discover einigt sich mit Verdi auf Tarifverträge für Cockpit und Kabine – VC und Ufo wütend

Nicht mit der Vereinigung Cockpit und auch nicht mit der Kabinengewerkschaft Ufo: Lufthansa-Tochter Discover Airlines hat sich mit der Gewerkschaft Verdi auf Tarifverträge für die knapp 500 Cockpit- und 1400 Kabinen-Mitarbeitenden geeinigt.

Die Tarifverträge gelten ab dem 1. Juli 2024 und sind bis 31. Dezember 2027 gültig. Es handelt sich um eine Ersttarifierung der jungen Airline, die ihren Flugbetrieb im Sommer 2021 aufgenommen hatte.

«In intensiven, teilweise auch sehr kontroversen, letztlich aber konstruktiven Verhandlungen, konnten wir ein belastbares Tarifwerk für unsere Mitarbeitenden vereinbaren», so Discover-Chef Bernd Bauer. «Nicht ausblenden darf man dabei, dass der Abschluss auch mit deutlichen Kostenbelastungen und Einschränkungen unserer Planungsflexibilität einhergeht.» Man sei an die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gegangen. «Dadurch, dass wir mit Verdi beide Berufsgruppen in einem Tarifwerk vereinen, hatten wir allerdings finanziell auch einen leicht größeren Gestaltungsspielraum, weil wir Komplexität im System vermeiden», so Bauer.

Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky kommentiert: «Das waren harte und intensive Verhandlungen, aber sie haben sich gelohnt. Wir haben jetzt die langersehnte und zwischenzeitlich ins Stocken geratene Tarifierung bei Discover Airlines durchgesetzt.»

Im Detail werden die zum Anfang des Jahres erhöhten, aber noch nicht tarifierten Vergütungen der rund 500 Cockpitbeschäftigten tarifvertraglich abgesichert. Darüber hinaus werden die Vergütungen jährlich um 5 Prozent erhöht. Damit beträgt die Vergütungssteigerung unter den Cockpitbeschäftigten laut Verdi mindestens 15,7 Prozent. «Weitere Einkommenszuwächse konnten durch zusätzliche Stufensteigerungen im Vergütungssystem erzielt werden.»

Die Vergütungen der rund 1400 Kabinenbeschäftigten, die entgegen der Cockpitbeschäftigten Anfang des Jahres noch keine Vergütungserhöhungen erhielten, steigen ab 2024 um monatlich 450 Euro an. In den Folgejahren werden die Vergütungen ebenfalls um jährlich 5 Prozent erhöht. Dadurch ergibt sich eine erzielte Vergütungserhöhung von 34,1 bis 38,4 Prozent. «Weitere Einkommenszuwächse werden durch die Erhöhung der Zulage für leitende Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter an Bord erzielt», so Verdi. «Diese Zulage wird um 40 Prozent erhöht.»

Zusätzlich zu den Gehaltssteigerungen erhalten die Beschäftigten beider Berufsgruppen der Gewerkschaft zufolge unter anderem jährliche Sonderzahlungen in Höhe eines 13. Gehaltes, zwölf zusätzliche freie Tage im Jahr, höhere Zulagen, weniger mögliche Eingriffe seitens des Unternehmens in die Dienstpläne, Krankengeldzuschüsse und weitere entlastende und Dienstplan stabilisierende Regelungen. Beide Parteien haben sich zudem darauf verständigt, eine betriebliche Altersvorsorge sowie finanzielle Absicherung beim Verlust der Flugerlaubnis für die Beschäftigten in Cockpit und Kabine zeitnah abzuschließen.

Erstmals hat Verdi auch eine dauerhafte Schlichtungsvereinbarung mit einem Arbeitgeber im Lufthansa-Konzern vereinbart. Diese sieht bei konfliktären Tarifverhandlungen eine verpflichtende Schlichtung vor, deren Ergebnis jedoch nicht angenommen werden muss.

Vereinigung Cockpit und Ufo wütend

Die Cockpitcrew-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit VC hat bereits die Einigung von Discover mit Verdi kritisiert. Sie wirft dem Management vor, «den Willen der Belegschaft bei der freien Wahl der gewerkschaftlichen Vertretung zu ignorieren» und kündigte an, Arbeitskampfmaßnahmen seien wieder «im Bereich des Möglichen».

Die Kabinengewerkschaft Ufo kommentiert in einem öffentlichen Schreiben an ihre Mitglieder: «Das ist ein ziemlicher Skandal.» Ufo und VC würden es zusammen auf «wahrscheinlich an die 1000 organisierte Kolleg*innen» bringen, «Verdi auf ein paar Handvoll». In Cockpit und Kabine zusammen.

«Fragt Euch, warum sie das so machen. Fragt Euch, wem das nützen soll, wenn der Konzern mit Gewalt durchdrücken will, dass nicht wir den Job machen, sondern eine Gewerkschaft ohne Mitglieder, die mit dem Betrieb bisher praktisch keine Berührung hatte und diese Woche erst das erforderliche Gremium zur Tarifierung ‘gewählt’ hat», schreibt Ufo weiter. «Wir fordern Discover zur unverzüglichen Mitgliederauszählung bei einem Notar nach Wahl auf, dann werden wir sehen, wer die tarifierende Gewerkschaft sein sollte.»