Interview mit Holger Paulmann, Sky Airline
«In zehn Jahren Lowcost-Leader in Südamerika»
Holger Paulmann ist Chef von Chiles zweitgrößter Fluglinie Sky Airline. Im Interview spricht er über A320 Neo und C-Series, die Konkurrenz und seinen Onkel Bruno.
Sky-Airline-Chef Holger Paulmann: «Ich bin kein Fan von Mega-Airports.»
Sky-Airline-Chef Holger Paulmann: «Ich bin kein Fan von Mega-Airports.»
Sie sind jetzt mit 15 Fliegern die Nummer zwei in Chile. Wie wird sich die Flotte von Sky Airline in den kommenden Jahren verändern?
Holger Paulmann*: Zurzeit haben wir 13 Airbus A319 und zwei A320. Das sind zum größten Teil ehemalige Easyjet-Flieger. Jetzt machen wir den großen Schritt und bekommen zum ersten Mal fabrikneue Flugzeuge und stellen um auf die A320-Neo-Familie. Dabei wollen wir keinen Flottenmix haben, sondern Ende 2020 ein reiner A320-Neo-Betreiber sein.
Wie viele A320 Neo bekommen Sie und ab wann?
Im September kommt der erste an. Wir haben schon einen Vertrag über 19 Flugzeuge, die bis 2020 geliefert werden. Alles Leasing. In Relation: Jetsmart hat 70 A320 Neo gekauft, die sie zwischen 2021 und 2026 erhalten. Zu dieser Zeit wird Sky bereits über 30 A320 Neo verfügen, während Jetsmart hauptsächlich noch A320 Ceo betreiben wird.
Sie ziehen auch den A321 Neo in Erwägung, richtig?
Ja, wir glauben, dass der A321 Neo funktionieren kann, aber nur für einen gewissen Teil des Betriebes und an bestimmten Flughäfen. Denn um an Airports zu wachsen, an denen die Zahl der Slots begrenzt ist, kommen größere Flugzeuge in Frage.
Gibt es schon eine Entscheidung?
Nein, alle Verträge, die wir haben, gelten für A320 Neo. Aber der A321 Neo könnte ab 2020 etwas für Sky Airline sein. Entschieden ist allerdings noch nichts.
Sie haben gerade schon Ihren Konkurrenten Jetsmart erwähnt, der 70 neue Flugzeuge bekommt. Ist das eine Gefahr für Ihre Position als zweitgrößte Airline Chiles nach Latam?
Wir werden Platz zwei nicht verlieren, aber Jetsmart wird ein starker dritter Player werden. Und ich sehe darin auch eine Möglichkeit für uns. Denn wir stehen im Wettbewerb mit den besten Regionalairlines. So können wir ein Geschäft aufbauen, das auch im Rest von Südamerika der Konkurrenz standhalten wird.
Wir werden bei null anfangen oder eine Airline kaufen.
Sie wollen auch im Ausland wachsen. Es gab Berichte über mögliche Flüge nach Ecuador. Außerdem hieß es, Sky Airline suche einen Partner in Peru oder wolle selbst eine Airline übernehmen. Was ist wirklich geplant?
Wir verbinden Chile schon mit anderen Ländern und das werden wir fortführen. Ein Flug nach Ecuador gehört zu den Dingen, die wir uns anschauen. Das gilt aber auch für andere Länder der Region. Was sich ändern wird: 2019 werden wir eine Basis in einem anderen Land eröffnen.
In welchem Land?
Das steht zwar schon fest, aber es nicht noch nicht offiziell.
Und wie wird der Einstieg aussehen?
Wir analysieren das noch. Wir werden bei null anfangen oder eine Airline kaufen.
Können sie sich für die Zukunft auch Interkontinentalflüge vorstellen?
Nein, das ist keine Option für uns.
Wo steht Sky Airline in zehn Jahren?
In zehn Jahren ist Sky Airline der Lowcost-Leader in Südamerika. Und wir werden neben Chile in mindestens vier weiteren spanischsprachigen Ländern Standorte haben.
Norwegian muss aufpassen, nicht zu sehr abgelenkt zu werden.
Im Nachbarland Argentinien ist Flybondi gestartet und will in Zukunft auch nach Santiago de Chile fliegen. Norwegian plant, Mitte des Jahres abzuheben. Wächst da künftige Konkurrenz für Sie heran?
Diese Airlines müssen sich erst einmal auf Argentinien fokussieren. Wer sich nicht voll darauf konzentriert, die Dinge lokal gut zu machen, wird scheitern. Und sie werden große Herausforderungen haben. Denn die Regulierungen, gerade bei den Preisen, haben sich in Argentinien praktisch nicht geändert. Und wer die Preise nicht senken kann, kann keine neue Nachfrage erzeugen, aber gerade das will eine Low-Cost-Airline ja.
Halten Sie es für möglich, dass ein internationaler Billigflieger wie zum Beispiel Norwegian auch nach Chile kommt.
Selbstverständlich ist das möglich.
Und würden Sie darin eine Gefahr sehen?
Nein. Wir haben eine ähnliche Preisstruktur wie Norwegian, so dass sie in dieser Hinsicht keinen Vorteil hätten. Und wir kennen das Geschäft hier viel besser als sie. In jedem Land in Südamerika unterliegt der Markt anderen Regeln, etwa was die Rechte von Arbeitnehmern oder Konsumenten angeht. Diese ändern sich auch noch ständig. Und Fehler zu machen, kann sehr teuer werden.
Wird Norwegian Erfolg in Argentinien haben?
Ich sehe das als sehr gewagten Schritt. Argentinien ist ein komplexes Umfeld, etwa was die Gewerkschaften und die Vorschriften für Ticketpreise angeht. Und Norwegian muss aufpassen, durch dieses Start-up in Argentinien nicht zu sehr von ihrem Heimatmarkt Europa abgelenkt zu werden. Denn dort sind sie ja auch nicht dafür bekannt, besonders rentabel zu sein.
Wir haben uns die C-Series angeschaut, aber uns dagegen entschieden.
Haben Sie persönlich ein Lieblingsflugzeug?
Der Airbus A320 Neo ist ein spektakuläres Flugzeug. Und danach, sehr nahe dran, kommt die C-Series von Bombardier, die ich auch sehr mag. Ästhetisch gesehen ist sie sogar ein bisschen schöner, aber der A320 Neo ist effizienter.
Könnte die C-Series auch mal eine Option sein für Sky Airline?
Wir haben uns das angeschaut, aber uns dagegen entschieden. Die C-Series hat zwar niedrigere Gesamtkosten für eine Flugstrecke als der Airbus. Aber der A320 Neo bringt uns niedrigere Kosten pro verfügbaren Sitzkilometer – und das ist uns wichtiger.
Haben Sie persönlich auch einen Lieblingsflughafen?
Temuco vielleicht. Aber es ist schwer, das persönlich zu sagen, denn ich denke immer an die Effizienz. Ich mag keine Flughäfen, bei denen man weite Wege gehen muss, zum Beispiel, um sein Gepäck zu bekommen. Ich bin kein Fan von Mega-Airports. Wenn ich einkaufen will, gehe ich ins Einkaufszentrum oder kaufe im Internet.
Zum Abschluss: Erzählen Sie uns eine Kindheitserinnerung, die Sie mit der Luftfahrt verbinden.
Ich hatte einen Onkel zweiten Grades, der Pilot war, Onkel Bruno. Das hat mich beeindruckt. Und jedes Mal, wenn ich ein Flugzeug am Himmel sah, habe ich darauf gezeigt und gerufen «Onkel Bruno, Onkel Bruno». Alle Flugzeuge waren für mich Onkel Brunos.
* Holger Paulmann ist der Sohn von Jürgen Paulmann, dem in Kassel geborenen Gründer von Sky Airline. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Holger Paulmann 2014 den Chefposten der Fluggesellschaft, nachdem er zuvor bereits Leiter des operativen Geschäfts war.