Superjet: Absturz wegen Übermut?
Der Flieger nahm eine gefährliche Route für den Demonstrationsflug. Nun steht auch der Pilot deswegen in der Kritik.
Sukhoi-Logo auf den Wrackteilen: Das Bildmaterial lässt auf einen Frontalflug in den Hang schließen
Sukhoi-Logo auf den Wrackteilen: Das Bildmaterial lässt auf einen Frontalflug in den Hang schließen
«Diese Warnung kann man einfach nicht verpassen». Sobald der Jet sich auf ein Hindernis zubewege, würden mehrere sicht- und hörbare Alarme geschaltet, erklärt eine Quelle aus dem Suhkoi-Trainingcenter gegenüber der russischen Wirtschaftszeitung Izvestia. Der Superjet 100 des Flugzeugbauers war am 9. Mai aus bisher ungeklärten Gründen in Indonesien in einen steilen Hang am Berg Mount Salak geflogen. Alle 45 Insassen kamen dabei ums Leben. Material der Ermittler lässt darauf schließen, dass der Flieger frontal in die Bergwand flog. Wie das mit dem modernen Flieger geschehen konnte, macht viele Experten ratlos.
Inzwischen haben Suchteams die Blackbox des Superjets gefunden. Untersuchen werden diese zunächst indonesische Experten. «Da der Absturz bei uns im Land stattfand, liegt es an uns, das zu übernehmen», so Herry Bhakti Gumay, Direktor des indonesischen Luftfahrtministeriums. 78 russische Ermittler assistieren dem indonesischen Team bei der Suche nach der Absturzursache.
Viele offene Fragen
Doch bis die endgültig feststeht, dürfte einige Zeit vergehen. Bisher gibt es nur wenige Fakten, die untersucht werden müssen und zu vielen offenen Fragen führen. Etwa, warum die Piloten die Flughöhe von 10’000 auf 6000 Fuß reduzieren wollten – der Berg ist 7000 Fuß hoch. Ohnehin sei die Route durch die Bergregion alles andere als geeignet für einen Demonstrationsflug, hieß es schon von vielen Experten. Offenbar hatte der russische Testpilot gebeten, den Berg Mount Salak zu überfliegen, wie es von den indonesischen Behörden heißt. Der Pilot hatte den Entwicklungsprozess des Fliegers von Anfang an begleitet und mehr als 10’000 Stunden Flugerfahrung. «Er war unser bester Testpilot», erklärt Sukhoi in deiner Mitteilung. Dennoch ist seine Entscheidung für den Überflug der Bergregion nun in der Kritik.
Er habe diese wohl gewählt, um das Potential des Fliegers den Vertretern der Airlines, die sich an Bord befanden, vorzuführen, vermutet ein Luftfahrtexperte. Auch das lasse auf menschliches Versagen als Unglücksgrund schließen. «Bei solchen Flügen ist definitiv auch einiges an Angeberei im Spiel», so Tom Ballantyne gegenüber der Jakarta Post. Wenn man über einem interessanten Gebiet fliege, kreise man schon einmal etwas darüber herum und dabei komme es auch vor, dass das Flugzeug niedriger fliege als eigentlich gedacht.
Warnungen ignoriert?
Und dabei kann es offenbar passieren, dass die Anzahl an Warnungen, die die Geräte im Cockpit abgeben, so hoch ist, dass die Crew sie gar nicht mehr wirklich wahrnimmt. Wie ein Experte gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti erklärt, könne das gerade in Bergregionen geschehen. Eine andere Möglichkeit wäre die, dass die Piloten das Warnsystem einfach abgestellt hatten, um Passagieren ungestört das Cockpit zu zeigen. Das sei vor allem auch wahrscheinlich, da die Systeme im Notfall auch selbst eingreifen, wenn der Flieger sich in einer zu gefährlichen Lage befindet.
Das Cockpit-Design des Sukhoi Superjet 100 ist dem von Airbus sehr ähnlich. Dort steuert der Pilot das Flugzeug mit einem Stick – ähnlich den Joysticks bei Computerspielen. Anders beim amerikanischen Flugzeugbauer Boeing, wo die Besatzung selbst im modernsten Flieger, der B787 noch konventionell steuert, so wie dies auch in kleinen Sportflugzeugen der Fall ist. Sukhoi ist überzeugt, dass der technische Zustand des Fliegers einwandfrei war. Dieses Flugzeug hatte man auch verwendet, um ständige Qualitätskontrollen am Produkt vorzunehmen. Und auch, da der Flug Teil einer Werbetour durch Asien war, sei er vor jedem Start akribisch unter die Lupe genommen worden.