Letzte Aktualisierung: um 19:46 Uhr

«Signal kann im Meer schwach sein»

[image1]Warum viele Spuren zu nichts führen und die Malaysia-B777 theoretisch nicht einfach vom Radar verschwinden kann, erklärt Luftfahrtexperte Amartya De.

strong>Auch nach sechs Tagen gibt es noch keine Spur von der Boeing 777 von Malaysia Airlines. Jede Hoffnung wird immer wieder zerstört. Wie kann das sein?
Amartya De*: Ein Beispiel: Auf den Bildern eines chinesischen Satelliten sind drei große Gegenstände zu sehen, die Wrackteile sein könnten. Die Bilder wurden aber schon am 9. März aufgenommen. Selbst wenn das Trümmer waren – seither können sie von der Strömung ganz woanders hin getrieben worden sein. Es ist inzwischen einfach schon sehr lange her. Das macht es schwierig.

Aber wie kann ein Flugzeug überhaupt einfach vom Radar verschwinden?
Die Navigation nutzt heute automatisierte Kommunikation von verschiedenen Flugzeugen und kann nicht von Hand ausgeschaltet werden. Es ist möglich, dass ein Flugzeug in entfernten Gegenden für kurze Zeit vom Radar verschwindet. Doch bei so vielen Landmassen rund um die Flugbahn ist es eigentlich unmöglich, allen Radarsystemen zu entgehen.

Also ist es eigentlich unmöglich…
Ja und nein. Neuere Systeme wie das ADS-B werden immer besser und ermöglichen gar eine Live-Übertragung. Sie haben aber ihre Grenzen in abgelegenen Gebieten – sowohl in Sachen Flughöhe als auch Entfernung. Wenn beispielsweise ein Flugzeug unterhalb von 10’000 bis 20’000 Fuß also 3000 bis 6000 Meter fliegt, kann es von Bodenstationen eventuell nicht entdeckt werden. Wenn die Boeing 777 also ins Meer stürzte, könnte man die Positionen der letzten Momente nicht mehr eruieren. Wenn der Jet aber wirklich über die Landmasse von West-Malaysia flog, sind die Chancen gering, dass das unentdeckt blieb.

Gibt es keine anderen Möglichkeiten, um ein Flugzeug zu orten?
Alle Flugzeuge geben über das sogenannte Acars-System unregelmäßig Positionsinformationen an die Flugaufsicht durch – Höhe, Geschwindigkeit, Flugrichtung und Koordinaten. Doch der Gebrauch dieses Systems hängt vom Vertrag der Fluggesellschaft mit Acars-Anbietern wie Sita oder Arinc ab. Die Übermittelung kann je nach Deal alle dreißig Minuten stattfinden oder während der kritischen Phasen Start, Aufstieg und Landung auch jede Minute. Zudem erfordern die Vorschriften, dass Flieger so enannte Emergency Locator Transmitters (ELT) haben. Sie werden bei einem Crash aktiviert, wenn die Piloten sie auslösen oder die G-Kräfte entsprechend hoch sind.

Und funktionieren die auch im Meer?
Im Flugschreiber gibt es zusätzlich einen Unterwasser-Positionsmelder. Er wird bei Kontakt mit Wasser aktiviert. Er sendet rund 160 Kilometer weit. Doch wenn er von Trümmern verdeckt wird oder in einen Graben auf dem Meeresgrund gefallen ist, dann kann das Signal schwach sein.

Die letzten Berichte sagen, MH370 könnte noch stundenlang weitergeflogen sein. Was ist Ihre Erklärung?
Die Chancen, dass das Flugzeug für Stunden und über Land flog ohne vom Radar entdeckt zu werden, sind minimal. Wenn jemand bestätigen würde, tatsächlich Daten von der Boeing 777 von Flug MH370 erhalten zu haben, wäre das ein Durchbruch. Noch fehlt aber die Bestätigung.

Ist Terror immer noch eine mögliche Erklärung?
Wir müssen derzeit noch alles in Betracht ziehen. Die Geheimdienste schließen Terror ja auch immer noch nicht nicht aus – dies gilt umso mehr seit den neuesten Meldungen, dass MH370 noch stundenlang weitergeflogen sein könnte.

Wie wird Flug MH370 die Luftfahrt verändern?
Wenn sich Terrorismus als Grund für den Crash entpuppen sollte, dann wird das für alle Fluggesellschaften und die Branche als Ganzes weitreichende Folgen haben. Nach dem 11. September 2001 wurden die Sicherheitsvorschriften massiv verschärft. Das könnte sich wiederholen. Die Passagiere finde das aber gut.

[image2]* Amartya De ist Senior Berater für Luftfahrt und Rüstung für die Region Asien und Pazifik beim globalen Beratungsunternehmen Frost & Sullivan. Er arbeitet in Kuala Lumpur.