Letzte Aktualisierung: um 12:37 Uhr

Robert Carey, Wizz Air

«Könnten mit dem Airbus A321 XLR von Abu Dhabi nach Singapur»

Wizz-Air-Präsident Robert Carey über mögliche Ziele für den Airbus A321 XLR, mangelndes Wachstum und die Flugzeuge der Airline in der Ukraine.

Zum ersten Mal seit drei Jahren hat Ihre Fluggesellschaft 2023 wieder einen Gewinn erwirtschaftet. Wird dieser Trend anhalten?
Robert Carey*: Wir hatten unser Wachstum, dann kam Covid und viele andere Dinge. Jetzt haben wir uns stark erholt und sind gut aufgestellt, um auch in Zukunft profitabel zu sein.

Was ist Ihr Masterplan für dieses Jahr?
Dieses Jahr könnte ganz anders werden als die vergangenen Jahre, da wir aufgrund der bekannten Probleme mit den Pratt & Whitney-Triebwerken kein weiteres Wachstum planen. Rund 50 Flugzeuge sind derzeit wegen der Checks geparkt, weshalb wir auch dieses Jahr wieder super effizient sein müssen, um unser Flugprogramm aufrechtzuerhalten. Dennoch sind wir sehr froh, dass wir keine unserer Basen wegen der Triebwerksprobleme schließen müssen, dass keine Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren und dass wir unseren Kunden wie gewohnt unser Wizz-Air-Produkt anbieten können.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen?
Es sind wahrscheinlich die Lieferketten; Airbus hatte hier seine Probleme, ebenso wie Pratt & Whitney. Die Beschaffung von Ersatzteilen bei gleichzeitigem logistischem Management und die Tatsache, dass wir die 50 geparkten Flugzeuge so schnell wie möglich wieder flugbereit machen müssen, sind wohl die größten Herausforderungen im Moment. Unsere Aufgabe ist es nach wie vor, unser Angebot aufrechtzuerhalten und gleichzeitig für zukünftiges Wachstum gerüstet zu sein.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Probleme zu entschärfen? Haben Sie externe Flugzeuge im Wet Lease eingesetzt?
Wir hatten ein paar davon im Einsatz. Wir haben in letzter Zeit viel gelernt, und es hat fast sechs Monate gedauert, bis die eigentlichen Probleme mit den Pratt & Whitney-Triebwerken erkannt wurden. Seit März arbeiten wir an der Lösung der Probleme und haben nun gelernt, den Flugbetrieb mit den nicht verfügbaren Flugzeugen aufrechtzuerhalten und die Auswirkungen auf die Passagiere so gering wie möglich zu halten. Ich denke, das ist uns bisher ganz gut gelungen.


Flugzeuge von Wizz Air. Bild: Martin Dichler/aeroTELEGRAPH

Sie haben immer noch rund 330 Flugzeuge bei Airbus bestellt. Verlaufen die Auslieferungen nach Plan?
Wie bei den anderen Airlines auch, hatten wir in der Vergangenheit leichte Verzögerungen bei den Auslieferungen, aber diese Verzögerungen sind angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre durchaus verständlich. Airbus arbeitet jedoch an den Problemen, und im Allgemeinen muss man sagen, dass bei der Auslieferung unserer Flugzeuge alles nach Plan läuft.

Wird Wizz Air jemals Langstreckenflüge oder größere Flugzeuge im Einsatz haben?
Nein, definitiv nicht. Der A321 Neo ist ein großartiges Flugzeug und wir werden weiterhin Flüge in unseren bestehenden Segmenten als Ultra-Low-Cost-Airline anbieten.

Wie sieht es mit dem A321 XLR aus? Wann wird er kommen und wo halten Sie den Einsatz des Langstrecken-Airbus in Ihrem Netzwerk für am sinnvollsten?
Die erste A321 XLR soll im März 2025 bei uns fliegen, aber wir haben noch nicht bekannt gegeben, wo das Flugzeug eingesetzt werden soll.

Ziele im Westen, also jenseits des großen Teichs, stehen nicht auf der Tagesordnung.

Aber auf welchen Strecken würde der A321 XLR Sinn machen?
Wir haben große Basen im Westen, wie London, Rom, Mailand oder Wien. Aber auf der anderen Seite haben wir auch unsere Märkte im Osten. Wir könnten viele neue Märkte erschließen, zum Beispiel in Nordafrika, die wir mit dem A321 XLR leichter erreichen könnten. Natürlich wäre das Flugzeug auch ideal für Flüge von unserer Basis in Abu Dhabi, von wo aus wir nach Singapur fliegen könnten. Es gibt also eine große Anzahl von Zielen, die wir besser erreichen können. Aber Ziele im Westen, also jenseits des großen Teichs, stehen nicht auf der Tagesordnung.

20 der insgesamt 30 Wizz-Air-Basen befinden sich in Ost- oder Südosteuropa. Konzentrieren Sie sich weiterhin auf den Ausbau Ihres Osteuropa-Geschäfts oder sehen Sie auch Potenzial in Westeuropa?
Unserer Meinung nach ist die Art und Weise, wie wir jetzt aufgestellt sind, der richtige Weg. Wir haben rund 100 Flugzeuge auf unseren Basen in Mittel- und Osteuropa und rund 50 Flugzeuge in Westeuropa stationiert. Mit unseren Basen in England, Italien und Österreich sind wir sehr zufrieden und planen hier weiteres Wachstum. Vor allem in Italien werden wir doppelt so stark wachsen, Wien wird seinen Weg fortsetzen und in London gibt es Kapazitätsbeschränkungen. Aber in Zentral und Osteuropa gibt es noch ein viel größeres, riesiges ungenutztes Potenzial, denn bisher nutzen in Osteuropa rund 50 Prozent weniger Menschen das Flugzeug für Reisen als in Westeuropa.

Was ist aus der Idee geworden, in Saudi-Arabien einzusteigen?
Zum jetzigen Zeitpunkt setzen wir auf Wachstum, wo es möglich ist. Wir sind jetzt die zweitgrößte Fluggesellschaft zwischen Saudi-Arabien und Europa und haben einen Marktanteil von 60 Prozent bei allen Flügen zwischen Italien und Saudi-Arabien. Der Markt reagiert auf unser Angebot und wir sind bereit, mehr Passagiere in die Region zu fliegen.

Welche Auswirkungen hatte der Krieg in der Ukraine auf Ihre Fluggesellschaft?
Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat uns natürlich hart getroffen. Wir hatten 7 Prozent unseres Geschäfts in der Ukraine und etwa 2 Prozent in Russland. Sobald wir die Gelegenheit dazu haben, möchten wir daher auf diese Märkte zurückkehren. Vor dem Krieg waren wir die führende Fluggesellschaft in der Ukraine, und wir möchten auch nach dem Krieg wieder die führende Fluggesellschaft sein.

Es gibt immer noch Flugzeuge von Wizz Air in der Ukraine

Wizz Air hatte mehrere Flugzeuge in der Ukraine stationiert. Sind alle gestrandeten Flugzeuge inzwischen ausgeflogen worden?
Nein, es gibt immer noch Flugzeuge von Wizz Air in der Ukraine. Ursprünglich waren zu Beginn des Krieges vier von ihnen in der Ukraine, drei in Kiew und eine in Lviv. Wir konnten das Flugzeug aus Lviv ausfliegen, aber alle anderen Flugzeuge sind noch in Kiew. Wir haben jetzt die Triebwerke aus diesen Flugzeugen ausgebaut, um sie für andere Flugzeuge zu verwenden, aber sobald es die Situation erlaubt, möchten wir die Flugzeuge wieder in die Luft bringen.

Seit dem Beginn Ihrer Flüge in Österreich gab es ein Kommen und Gehen bei der Stationierung von Flugzeugen. Wie zufrieden sind Sie mit dem österreichischen Markt?
Wir hatten schon vor Covid acht Flugzeuge in Wien stationiert, dann haben wir das auf vier Flugzeuge reduziert und derzeit sind sechs Einheiten vor Ort stationiert. Wir sind derzeit sehr zufrieden mit der Situation, so wie sie ist, es gab in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit der Rentabilität, weil es in Österreich während der Covid-Pandemie sehr strenge Richtlinien gab, während gleichzeitig Ryanair sehr stark in den Markt eingestiegen ist, weshalb wir unsere Märkte erst langsam wieder aufbauen mussten. Aber ganz allgemein sind wir derzeit sehr zufrieden. Salzburg war ein Projekt, das kurz vor Covid gestartet wurde und daher nie wirklich erfolgreich abheben konnte. Vor einem Jahr haben wir die Gespräche mit dem Flughafen Salzburg wieder aufgenommen und heute sind wir froh, dass wir wieder von Salzburg aus fliegen. Wir wollen unsere Verbindungen ab Salzburg langfristig ausbauen.

Aber der Salzburger Markt ist wahrscheinlich zu klein, um dort jemals ein Flugzeug zu stationieren?
Man weiß es nicht, denn die Region hat ein großes und interessantes Einzugsgebiet und bietet daher großes Potenzial, weshalb ich mich bei dieser Frage nicht festlegen würde.

Durch unser laufendes Pilotenausbildungsprogramm haben wir jetzt einen ständigen Zustrom an jungen, motivierten Piloten.

Haben Sie wie Ihre Konkurrenten auch Schwierigkeiten, Personal zu finden?
Unsere Situation bei den Mitarbeitern ist wirklich gut, denn nachdem wir vor ein paar Jahren tatsächlich Probleme hatten, Crews zu bekommen, hat sich die Situation mit unseren Kadettenprogrammen deutlich verbessert. Durch unser laufendes Pilotenausbildungsprogramm haben wir jetzt einen ständigen Zustrom an jungen, motivierten Piloten.

Sie bauen gerade an einem neuen Wizz Air Trainingszentrum in Rom. Warum in der römischen Hauptstadt?
Mit 14 stationierten Flugzeugen ist Rom eine unserer größten Basen, auf der wir weiter wachsen wollen. Alle unsere Basen in Europa sind gut mit Rom verbunden, was es allein schon logistisch einfach macht, Rom als Standort für unser Trainingszentrum zu wählen. Und schließlich gab es auch eine gute Zusammenarbeit mit dem Flughafen Rom und einen geeigneten Standort, der es uns ermöglicht, das neue Schulungszentrum in nur wenigen Wochen zu eröffnen.

 

*Der Präsident von Wizz Air kann bereits auf eine mehr als zwanzigjährige Erfahrung in der Luftfahrtbranche zurückblicken. Im Jahr 2000 begann Robert Carey zunächst bei America West Airlines als Analyst für den Bereich Crew Resources, bevor er noch im Jahr darauf für drei Jahre zu Delta Air Lines wechselte. Zwischen 2006 und 2017 arbeitete Carey als Partner bei m Beratungsunternehmen McKinsey & Co. , bevor er zu Easyjet ging, zunächst als Strategie & Netzwerk-Manager. Innerhalb von zwei Jahren stieg er zum Chief Commercial Director beim britischen Billigflieger auf. Seit Juni 2021 ist Carey Präsident von Wizz Air.