Germanwings: Landung in Trance
Die Piloten eines Airbus konnten vor zwei Jahren nur mit Mühe in Köln landen. Der Billigflieger soll versucht haben, den Vorfall zu vertuschen, berichten Medien.
A319 von Germanwings: Angenockte Piloten.
A319 von Germanwings: Angenockte Piloten.
Der Wetterbericht sagte Schneefall in Köln voraus. Und so kam es auch. Der Winter hatte an jenem 19. Dezember 2010 die Region fest im Griff. Der Flughafen Köln/Bonn wurde geschlossen. Die Piloten des Airbus A319 von Germanwings mussten deshalb in Wien rund vier Stunden auf ihren Abflug warten. Um 20:12 Uhr konnten sie dann aber doch noch in Richtung ihrer Heimatbasis abheben. Der Flug verlief ereignislos bis ganz zuletzt. In einer leichten Kurve im Anflug auf Köln und auf einer Höhe von rund 915 Metern nahmen die beiden Piloten im Cockpit erstmals einen «stark ausgeprägten, unangenehmen Geruch wahr – eine Mischung aus verbrannt und elektrisch Riechendem», wie es im Zwischenbericht der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) heißt, der diese Woche veröffentlicht wurde.
Was danach folgte, waren offenbar dramatische Szenen. Ihm sei «kotzübel», sagte nun der 26-jährige Kopilot. Seine Arme und Beine begannen sich plötzlich taub anzufühlen. Er habe das Gefühl gehabt, nicht mehr klar denken zu können, gab er zu Protokoll. Er setzte daraufhin seine Sauerstoffmaske auf. Nun spürte auch der 35-jährige Flugkapitän ein starkes Kribbeln in Händen und Füßen. Auch er sah seine Sinne schwinden, wie er dem BFU erklärte. Und auch er stülpte sich die Sauerstoffmaske über. Während sich der Pilot etwas erholte, ging es dem Kopiloten noch schlechter. Nun funkte das Cockpit «Mayday» an den Kontrollturm. Der Kapitän versuchte die Maschine allein zu landen. Sein Partner war keine Hilfe mehr. «Er konnte sich nur noch mit Mühe auf einzelne Aspekte des ablaufenden Geschehens konzentrieren und spürte, dass er die anfallenden Informationen nicht mehr verarbeiten konnte», schreibt die BFU in seinem Bericht.
«Surrealistische» Situation
Inzwischen war der Flieger auf rund 550 Meter gesunken. Der Pilot fühlte sich nun ebenfalls miserabel. «Er arbeitete an der Obergrenze dessen, was ihm überhaupt noch möglich schien», heißt es im Bericht der BFU. Doch trotz ihres Zustandes gelang es den Piloten, den A319 in Köln zu landen. Um 21:34 Uhr setzte er deutlich spürbar auf der Landebahn auf. Beide beschrieben ihre Verfassung kurz vor der Landung als «surrealistisch und wie in einem Traum».
Wie der NDR und die Zeitung Die Welt nun berichten, soll die Airline versucht haben, den Vorfall zu vertuschen. Erst nach einem Jahr sei überhaupt eine Untersuchung eingeleitet worden. Die BFU erhielt «von Germanwings am Folgetag nur eine stark abgeschwächte Version dessen, was im Cockpit passiert war», schreibt der TV-Sender. Gegenüber der Welt bestreitet ein Sprecher der Fluggesellschaft, «dass Kapitän und Kopilot handlungsunfähig oder schwer beeinträchtigt waren», wie das Blatt schreibt. Der Bericht der BFU spricht eine andere Sprache. Bei einer Untersuchung beim Medizinischen Dienst der Lufthansa beklagte sich der Pilot gemäß der Zeitung auch, dass «seines Wissens keine adäquaten Maßnahmen der Flugbetriebsleitung auf den Vorfall» erfolgt seien. «Plötzlich sei der Vorfall Verschluss-Sache gewesen», zitiert die Welt aus dem Bericht.