Insolvenz
Die desolate Lage von Air Berlin in Zahlen
Ohne das Geld vom Staat hätte Air Berlin den Flugbetrieb einstellen müssen. Ein Blick in die Bücher der Fluggesellschaft zeigt, wie schlimm die Lage ist.
Es begann mit einer Entlassung: Pilot Kim Lundgren verlor während der Ölkrise in den 1970er-Jahren seinen Job bei Pan Am in Europa. Statt in die USA zurückzukehren, gründete er eine Charter-Fluggesellschaft. 1978 wurde Air Berlin USA im US-Bundesstaat Oregon ins Handelsregister eintragen.
Lundgren wollte ausnutzen, dass vor der Wiedervereinigung Deutschlands nur Airlines der vier Siegermächte Berlin anfliegen durften. Zum Start im April 1979 kaufte sich die Fluglinie zwei Boeing 707-300. Der Erstflug führte von Berlin-Tegel nach Palma de Mallorca.
Die Boeing 707 wurden in den Achtzigerjahren durch eine Boeing 737 ersetzt. Mit der flog Air Berlin für deutsche Reiseveranstalter an Urlaubsziele rund ums Mittelmeer.
Mit der Wiedervereinigung verlor Lundgren 1989 das lukrative Sonderrecht für Flüge nach Berlin. Die US-Airline wurde zur deutschen Fluggesellschaft. Im April 1991 kaufte Ex-LTU-Mann Joachim Hunold 82,5 Prozent der Anteile. Air Berlin flog mit 150 Angestellten und zwei Fliegern zu Sonnenzielen.
1998 startete Air Berlin den Einzelplatzverkauf gründete den Mallorca Shuttle. Sie verband die Balearen-Insel direkt mit zwölf deutschen Städten. Die Deutschen liebten das neue Angebot. Bis heute ist Air Berlin Marktführer in Palma de Mallorca.
In den Nullerjahren startete die große Expansion: 2004 kaufte Air Berlin knapp 25 Prozent der Anteile an der österreichischen Fluggesellschaft Niki. Der Börsengang 2006 sorgte für frisches Kapital. Ausgegeben wurde es für DBA mit ihrem dichten innerdeutschen Netz und 2007 für den Kauf des Ferienfliegers LTU. Air Berlin ging damit erstmals auf die Langstrecke. Im selben Jahr stieg die Fluglinie bei der Schweizer Belair ein.
Die vielen Übernahmen wurden schlecht verdaut. Eine saubere Integration fand nie statt. Die steigende Komplexität führte zu steigenden Verlusten. Hinzu kam eine unklare Strategie zwischen Netzwerkanbieter, Ferienflieger und Billigairline. Air Berlin suchte die Rettung in einem starken Partner. Ende 2011 vereinbarten Air Berlin und Etihad Airways eine strategische Kooperation. Die Golfairline wurde mit 29 Prozent des Kapitals größter Einzelaktionär. Seit 2012 ist die deutsche Fluglinie Mitglied bei der Allianz Oneworld.
Es folgten diverse Chefs und Sparprogramme. Alle fruchteten kaum. Im September 2016 gab Air Berlin dann eine grundlegende Strategieänderung bekannt. Die Fluglinie wurde zur klassischen Netzwerkairline. Die Flotte wird nahezu halbiert, das Ferienfluggeschäft ausgelagert.
Auch eine neue Bemalung war damals geplant.
Am 1. Februar 2017 wurde Thomas Winkelmann neuer Chef von Air Berlin. Es ist der x-te Wechsel an der Spitze, aber einer mit Signalwirkung.
In der Branche wurde umgehend gemunkelt, dass der Ex-Lufthansa-Mann im Grunde die Integration in die größte deutsche Airline vorantreiben soll.
Nur kurze Zeit später war es dann soweit: Air Berlin meldete am 15. August 2017 Insolvenz an. Der Bund hilft mit einem Übergangskredit von 150 Millionen, den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die Schulden von Air Berlin werde man aber nicht übernehmen, so Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Und dass Air Berlin schuldenfrei ist, hatte Lufthansa stets als Bedingung genannt. Sie übernimmt 81 Flugzeuge von Air Berlin.
Am 27. Oktober 2017 stellte Air Berlin schließlich den betrieb ein.
Es begann mit einer Entlassung: Pilot Kim Lundgren verlor während der Ölkrise in den 1970er-Jahren seinen Job bei Pan Am in Europa. Statt in die USA zurückzukehren, gründete er eine Charter-Fluggesellschaft. 1978 wurde Air Berlin USA im US-Bundesstaat Oregon ins Handelsregister eintragen.
Lundgren wollte ausnutzen, dass vor der Wiedervereinigung Deutschlands nur Airlines der vier Siegermächte Berlin anfliegen durften. Zum Start im April 1979 kaufte sich die Fluglinie zwei Boeing 707-300. Der Erstflug führte von Berlin-Tegel nach Palma de Mallorca.
Die Boeing 707 wurden in den Achtzigerjahren durch eine Boeing 737 ersetzt. Mit der flog Air Berlin für deutsche Reiseveranstalter an Urlaubsziele rund ums Mittelmeer.
Mit der Wiedervereinigung verlor Lundgren 1989 das lukrative Sonderrecht für Flüge nach Berlin. Die US-Airline wurde zur deutschen Fluggesellschaft. Im April 1991 kaufte Ex-LTU-Mann Joachim Hunold 82,5 Prozent der Anteile. Air Berlin flog mit 150 Angestellten und zwei Fliegern zu Sonnenzielen.
1998 startete Air Berlin den Einzelplatzverkauf gründete den Mallorca Shuttle. Sie verband die Balearen-Insel direkt mit zwölf deutschen Städten. Die Deutschen liebten das neue Angebot. Bis heute ist Air Berlin Marktführer in Palma de Mallorca.
In den Nullerjahren startete die große Expansion: 2004 kaufte Air Berlin knapp 25 Prozent der Anteile an der österreichischen Fluggesellschaft Niki. Der Börsengang 2006 sorgte für frisches Kapital. Ausgegeben wurde es für DBA mit ihrem dichten innerdeutschen Netz und 2007 für den Kauf des Ferienfliegers LTU. Air Berlin ging damit erstmals auf die Langstrecke. Im selben Jahr stieg die Fluglinie bei der Schweizer Belair ein.
Die vielen Übernahmen wurden schlecht verdaut. Eine saubere Integration fand nie statt. Die steigende Komplexität führte zu steigenden Verlusten. Hinzu kam eine unklare Strategie zwischen Netzwerkanbieter, Ferienflieger und Billigairline. Air Berlin suchte die Rettung in einem starken Partner. Ende 2011 vereinbarten Air Berlin und Etihad Airways eine strategische Kooperation. Die Golfairline wurde mit 29 Prozent des Kapitals größter Einzelaktionär. Seit 2012 ist die deutsche Fluglinie Mitglied bei der Allianz Oneworld.
Es folgten diverse Chefs und Sparprogramme. Alle fruchteten kaum. Im September 2016 gab Air Berlin dann eine grundlegende Strategieänderung bekannt. Die Fluglinie wurde zur klassischen Netzwerkairline. Die Flotte wird nahezu halbiert, das Ferienfluggeschäft ausgelagert.
Auch eine neue Bemalung war damals geplant.
Am 1. Februar 2017 wurde Thomas Winkelmann neuer Chef von Air Berlin. Es ist der x-te Wechsel an der Spitze, aber einer mit Signalwirkung.
In der Branche wurde umgehend gemunkelt, dass der Ex-Lufthansa-Mann im Grunde die Integration in die größte deutsche Airline vorantreiben soll.
Nur kurze Zeit später war es dann soweit: Air Berlin meldete am 15. August 2017 Insolvenz an. Der Bund hilft mit einem Übergangskredit von 150 Millionen, den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die Schulden von Air Berlin werde man aber nicht übernehmen, so Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Und dass Air Berlin schuldenfrei ist, hatte Lufthansa stets als Bedingung genannt. Sie übernimmt 81 Flugzeuge von Air Berlin.
Am 27. Oktober 2017 stellte Air Berlin schließlich den betrieb ein.
Spätestens seit dem 28. April stand fest, dass Air Berlin nur noch mit Etihads Gnaden weiterfliegen kann. Damals gewährte die Golfairline der deutschen Fluglinie ein Darlehen über 350 Millionen Euro, im Dezember und Januar hatte sie bereits 300 Millionen Euro überwiesen. Dennoch brauchte Air Berlin daneben noch eine Unterstützungserklärung von ihrer größten Aktionärin.
Nun wurde diese überraschend aufgekündigt. Die Situation habe sich in den letzten Monaten verschlechtert, begründet Etihad. Und dadurch wären die potenziellen Verbindlichkeiten weiter angestiegen. Das wollte die Fluglinie aus Abu Dhabi nicht mehr auf sich nehmen. Das hätte eigentlich das sichere Aus für Air Berlin bedeutet. Denn schon im Frühjahr hatten die Konzernprüfer festgehalten: «Der Konzern ist angewiesen auf einen Letter of Support eines wesentlichen Anteilseigners».
Das sofortige Grounding wurde verhindert. «Aufgrund der damit verbundenen insolvenzrechtlichen Regelungen wäre Air Berlin verpflichtet gewesen, den Flugbetrieb unmittelbar nach Einreichung des Insolvenzantrags einzustellen», erklärte am Dienstag (15. August) die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. Sie handelte einen Kredit über
150 Millionen Euro
für Air Berlin aus. Das Geld wird von der deutschen Staatsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau beigesteuert. Die Regierung in Berlin sichert das Darlehen aber mit einer Bundesbürgschaft ab. Mit den neuen Mitteln ist der Flugbetrieb für weitere drei Monate gesichert.
782 Millionen Euro
Verlust fuhr die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft 2016 ein. Die finanzielle Lage war also schon zuvor alles andere als rosig. Das Betriebsergebnis war im vorherigen Jahr mit
667 Millionen Euro
ebenfalls tiefrot. Das heißt, Air Berlin flog jeden Tag 1,8 Millionen Euro Verlust ein. Der Umsatz pro angebotenen Sitzkilometer sank, während die Kosten stiegen. Die Lage verschlimmert haben aber sicherlich auch hohe Zinszahlungen für Anleihen und Kredite.
454 Millionen Euro
schuldet Air Berlin beispielsweise allein ihrer Großaktionärin Etihad Airways Group in der Form langfristiger Finanzschulden einschließlich auflaufender Zinsen*. Die Golfairline wird davon wohl nicht mehr viel sehen. Daneben muss sie auch ihre Beteiligung von 29 Prozent an Air Berlin massiv abschreiben. Insgesamt betragen die Finanzschulden jedoch atemberaubende
1161 Millionen Euro
Auf der anderen Seite gibt es bei Air Berlin aber immer noch werthaltige Aktiva.
80 Millionen Euro
sind die Landerechte wert, die Air Berlin besitzt. Dabei handelt es sich wohl zum größten Teil um Slots an den beiden Drehkreuzen Berlin und Düsseldorf. Die Landerechte des inzwischen bei Niki liegenden Touristikgeschäfts sind 7,4 Millionen* wert. Der Firmenwert wurde mit 193 Millionen Euro berechnet.
Was aber nun entscheidend ist: Wie gut kann Air Berlin das verbliebene Tafelsilber verkaufen?
* Die Bilanzzahlen stammen aus dem Geschäftsbericht 2016 per 31. Dezember 2016.