Boeing: Die B777-Frage
Die Amerikaner stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Sie müssen einen Verkaufsschlager ersetzen - oder sich von ihm verabschieden.
B777 von Emirates: Die Airline will die Neuversion.
B777 von Emirates: Die Airline will die Neuversion.
Mehr als eine Milliarde Dollar an Erlösen fliegt die B777 dem Hersteller Boeing ein – und das jeden Monat. Die zweistrahlige Langstreckenmaschine ist der Vorzeigejet der Amerikaner, rund 200 Bestellungen verbuchten sie für sie alleine im vergangenen Jahr. Kein Wunder: So hält etwa Luftfahrt-Analyst Jürgen Pieper von der Bank Metzler die B777 für die beste ihrer Klasse: «Der Airbus A340 verliert im Vergleich deutlich.» Doch so vorbildlich sich die Triple Seven schlägt, jung ist sie nicht mehr. Immerhin kam sie schon 1995 auf den Markt. Und der europäische Rivale Airbus baut mit dem A350 gerade einen neuen Konkurrenten. Das setzt Boeing unter Druck. Denn die Bestellungen für den Jet gehen laut einem Bericht des Wall Street Journal langsam zurück, weil Kunden erwarten, dass man ihnen bald eine Neuversion präsentiert.
So spornen auch die Airlines den amerikanischen Flugzeugbauer an, der B777 eine Renovation zu verpassen. Schon im April dieses Jahres hatten Willie Walsh von der International Airlines Group mit den beiden Tochterairlines British Airways und Iberia und sein Konkurrent Tim Clark von Emirates den Amerikanern eine Deadline gesetzt. «2019 wäre meiner Meinung nach der späteste Zeitpunkt», so Walsh damals. «Wir wollen die Entscheidung jetzt, damit wir den Flieger 2019 haben», pflichtete Clark ihm bei. Doch die Antwort auf die Frage, wie man einen Bestseller noch besser und doch rentabel macht, scheint Boeing alles andere als leicht zu fallen.
Arbeiten schon begonnen
Eigentlich hatten die Amerikaner bereits 2010 mit der Arbeit am B777X-Programm begonnen. Sie priesen die Neuversion der 777 bereits als ernsthaften Konkurrenten für den Airbus-A350 an. Es werde der effizienteste kommerzielle Jet, der jemals entwickelt wurde, effizienter gar als der Dreamliner, so die Ansage. «Wir werden sichergehen, dass wir einen Flieger bringen, der wesentlich besser ist als das, was auch immer von Airbus kommt», kündigte Jim Albaugh, damaliger Chef von Boeings Zivilflugzeugsparte, im Frühling an. Die Flügel der B777X sollten aus Kohlenstofffaser-Verbundwerkstoffen gefertigt werden und noch größer sein als die der Jumbos von Boeing. Neue, effizientere Triebwerke und Dreamliner-Technik im Cockpit sollten das Flugzeug moderner machen. Alles in allem versprach man in Seattle einen gegenüber der heutigen Version um 21 Prozent sparsameren Flieger.
Doch inzwischen rudert Boeing zurück. «Es ist ein schwieriger Prozess. Der Richtige Flieger muss mit der richtigen Technik zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Wirtschaftlichkeit auf den Markt gebracht werden», schreibt der Flugzeugbauer in einer Mitteilung zur Zukunft der B777. Denn die Neuerungen sind teuer und erfordern viele neue Einrichtungen – und finanziell drücken bereits Kosten durch Verspätung und Verbesserungen am neuen Dreamliner aufs Budget.
B787 gefährdet das Projekt
Dazu kommt, dass die Möglichkeit besteht, dass schon bald eine Entscheidung über die Produktion einer Langversion der B787 fällt. Dieser wiederum könnte die B777X unnötig machen. Da die Technik für eine neue Ausgabe der B787 bereits besteht und auch das Knowhow bei den Materialien vorhanden ist, ist das Programm weiter fortgeschritten. Und auch, wenn sich Boeing nicht zu definitiven Aussagen hinreißen lässt – die Tatsache, dass der konzern erst kürzlich weitere Details für die B787-10 bekannt gab, spricht dafür, dass der neue Jet auch realisiert wird. Und dann ist die Antwort auf die Frage, wie sich der Bestseller B777 besser machen lässt, vielleicht sogar einfach: Gar nicht.