«A380 ist kein Pannenflieger»
In Superjumbos wurden Risse entdeckt. Einigen bereitet das Sorgen. Die Einschätzung von Experte Heinrich Großbongardt.
A380: Absatzprobleme erwartet der Experte nicht.
A380: Absatzprobleme erwartet der Experte nicht.
Erst war es nur eine Maschine. Doch dann entdeckte man an immer mehr Tragflächen der Airbus A380 die feinen Risse – zuletzt sogar zwei verschiedene Arten. Die europäische Flugsicherheitsbehörde Easa ordnete daher in der vergangenen Woche eine dringliche Inspektion von zwanzig Maschinen an. Doch wie groß sind die Auswirkungen der Risse wirklich? Heinrich Großbongardt ist Geschäftsführer der Agentur Expairtise und hat langjährige Erfahrung in der Branche gesammelt, unter anderem beim Flugzeugbauer Cessna. Der Luftfahrt-Experte sagt im Interview mit aeroTELEGRAPH, was er darüber denkt.
In mehreren A380 wurden Risse in Teilen der Tragflächen entdeckt. Laut Airbus ist das ungefährlich. Ist dem wirklich so?
Heinrich Großbongardt: Es kommt immer darauf an, an welchen Stellen der Flugzeugstruktur die Risse auftreten und wie tief beziehungsweise lang sie sind. Zum einem sind Flugzeuge so konstruiert, dass sie eine Menge Festigkeitsreserven haben, zum anderen tragen nicht alle Teile in der Flugzeugstruktur gleichermaßen zur Festigkeit bei.
Dennoch orderte die europäische Aufsichtsbehörde Easa eine eingehende Überprüfung an. Was schließen Sie daraus?
Wenn irgendwo Fehler auftreten, wo man sie nicht oder nach vergleichsweise wenigen Flügen noch nicht erwartet hat, dann muss man dem natürlich gründlich nachgehen. Als verantwortlicher Behörde in Europa ist es Aufgabe der Easa die entsprechenden verbindlichen Anordnungen zu erlassen, die alle Flugzeugbetreiber verpflichtet, die erforderlichen Untersuchungen vorzunehmen.
Reicht es wirklich aus, die neueren A380 erst bei der nächsten Wartung zu überprüfen. Die findet nur alle vier Jahre statt.
Der vergleichsweise großzügig bemessene Zeitraum unterstreicht, dass die Spezialisten der Easa diesem Problem keine akute Bedrohung zumessen. Wenn sie die Sicherheit akut gefährdet sehen, handeln sie nämlich durchaus entschieden. Im Ernstfall ordnen sie mit einer sogenannten Emergency AD an, dass eine ganze Flotte stillgelegt wird und erst wieder fliegen darf, nachdem bestimmte Kontrollen vorgenommen wurden. Das hat es bereits mehr als einmal gegeben.
Könnte das Problem mit den Risschen die Absatzchancen des A380 begrenzen?
Ganz sicher nicht. Dieses Problem hat keine akuten Auswirkungen auf den Flugbetrieb, und im Zweifel wird Airbus im Zuge der Herstellergarantie auch für die Reparaturkosten aufkommen müssen.
Die Haarrisse sind nicht die erste Komplikation, die beim A380 festgestellt wurde. Spielte der Zeitdruck beim Bau des Superjumbos eine Rolle?
Sieht man einmal von den Problemen mit den Rolls Royce-Triebwerken ab, die Airbus nicht zu verantworten hatte, ist die Einführung des A380 insgesamt recht glatt gelaufen. Der A380 ist also durchaus kein Pannenflieger.
Ist es bei neuen Modellen normal, dass es zu solchen Kinderkrankheiten kommt?
Flugzeuge sind unglaublich komplex, da ist Perfektion gar nicht möglich. Kinderkrankheiten sind in der Tat normal und nur in den allerseltensten Fällen sicherheitskritisch, weil alle wichtigen Systeme mindestens doppelt, wenn nicht dreifach vorahnden sind. Fluggesellschaften, die einen neuen Flugzeugtyp als erste einsetzen, wissen das. Entscheidend ist, dass der Hersteller schnell für Abhilfe beziehungsweise für Ersatzteile sorgt, damit möglichst keine Flüge ausfallen.
Erwarten sie ähnliche Entdeckungen auch beim Dreamliner von Boeing?
Der Dreamliner hat so viel neue Technologie, da würde es an ein Wunder grenzen, wenn es keine Ausfälle gäbe. Wie jedes neue Flugzeug hat die Boeing B787 zwar eine rigoroses Testprogramm hinter sich, bei dem sie auf Herz und Nieren geprüft worden ist. Aber den Alltagseinsatz bei einer Airline kann man nun mal nicht simulieren.