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B737 vs. A320: Das vertrackte Duopol

Airbus hat im wichtigsten Marktsegment die Nase vorn. Doch nun macht Boeing der Rivalin eine scharfe Kampfansage.

Beim Markt für Kurz- und Mittelstreckenflieger liefern sich Airbus und Boeing seit jeher einen erbitterten Kampf. Der A320 der Europäer und die B737 aus den USA sind die Verkaufsschlager in der Kategorie der sogenannten Single-Aisle-Flieger mit nur einem Mittelgang. Zu ihnen gibt es kaum eine Alternative. Ein «vertracktes Duopol» nennt das Luftfahrt-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. «Der Erfolg des einen ist in dieser Situation gleich der Misserfolg des anderen», sagt der Experte gegenüber aeroTELEGRAPH. Kein Wunder also, dass Airbus nicht zurückscheut, dem Konkurrenten die guten Bestellungszahlen des vergangenen Jahres immer wieder vorzuhalten.

2011 hängte der europäische Produzent die Amerikaner deutlich ab. 68 Prozent der Bestellungen für Kurz- und Mittelstreckenflieger sahnte Airbus ab. Über mehrere Jahre gesehen sieht die Bilanz etwas anders aus: Airbus sicherte sich 52, Boeing 48 Prozent der Order. «Dieser Markt ist in der Summe der bedeutendste», so Pieper. Und daher kämpft Boeing um jedes Prozent. «Wir wollen keine Entwicklung zu 55 zu 45 oder 60 zu 40 sehen», erklärte Boeing-Zivilluftfahrtchef Jim Albaugh kürzlich in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung Financial Times. Die Amerikaner sehen sich bedroht vom aggressiven Auftreten des Konkurrenten. «Airbus will uns Marktanteile wegnehmen und wir werden diese verteidigen», kündigt Albaugh an – und das «mit gleichen Mitteln». Daher werde man auch Gespräche mit Airbus-Kunden führen, um diese von den eigenen Produkten zu überzeugen.

Gefährlicher Preiskampf

Und das dürfte zu einem großen Teil über den Preis geschehen. «Natürlich muss man auf die Rendite schauen, aber wenn zu viel Marktanteil verloren geht, dann muss der Preis runter», sagt Pieper. Doch so ein Preiskampf sei ein gefährliches Spiel. Sind die Flieger erst einmal billiger, dann kann man eben nicht einfach wieder aufschlagen, ohne mehr zu bieten. Doch viel anderes dürfte Boeing kurzfristig nicht übrig bleiben. Die Nase vorn bei den mittelgroßen Jets hat laut Pieper nämlich Airbus – nicht nur was die Bestellungen der letzten Jahre angeht. Die Europäer würden eine attraktivere Flotte bieten, der A320neo ist daher in vielen Fällen der Flieger der Wahl. Er ist die modernere und effizientere Version des A320. 15 Prozent weniger Treibstoff soll er verbrauchen, die Betriebskosten sollen um 8 Prozent sinken. Insgesamt sicherte Airbus sich schon fast 1400 Bestellungen für den Jet, der 2015 das erste Mal abheben soll. Die B737MAX, die Boeing als effizientere Version des Verkaufsschlagers baut, soll erst 2017 auf den Markt kommen. Für die Maschine gibt es bisher rund 450 Bestellungen.

Hinzu kommt, dass als geplanter Erstkunde mit Virgin America ausgerechnet eine amerikanische Airline den Jungfernflug mit dem A320neo übernehmen soll. Eine Fluggesellschaft aus Boeings Heimmarkt. Auch hier zeigt sich das Duopol-Problem wieder. «Die Aufträge haben in diesem Umfeld mehr Symbolkraft», so Pieper, «gerade, wenn ein Hersteller im Revier des anderen punktet. Da ist es oft schwierig, das Gesicht zu wahren». Im Endeffekt sei es also wünschenswert, die Struktur aufzubrechen. «Ein oder zwei andere Anbieter würden dem Markt schon gut tun», so der Analyst. Aber das Szenario liege noch in weiter Ferne.

Aufträge mit Symbolkraft

Zwar wollen Hersteller wie Chinas Comac oder der russische Produzent Sukhoi die zwei Großen mit ihren neuen Entwicklungen konkurrenzieren. Auch sie bauen effizientere und vor allem preiswertere Jets. Doch bis man dorthin gelange und die Produkten aus dem Osten eine ähnliche Qualität und ein ähnliches Kundenvertrauen erreicht haben wie Airbus oder Boeing, dürfte es Jahre dauern. So erlitt Sukhoi erst kürzlich mit dem Absturz des Superjet-100-Prototypen einen herben Rückschlag. Der Übergang vom Duopol zur Konkurrenz durch mehrere Anbieter sei äußerst schwierig, so Pieper. In zehn Jahren sieht er im Single-Aisle-Markt nur 5 Prozent von anderen Anbietern als Boeing oder Airbus beherrscht. «Und auch in 20 Jahren dürften es nicht mehr als 10 bis 15 Prozent sein.»